Vorwort

Zum aktuellen Programm

Liebe Leserinnen und Leser,

„Panta rhei“ – „Alles fließt“, liest man häufig auf Kalenderblättern und Spruchkarten, speziell Beileidskarten. Es geht zurück auf den griechischen Philosophen Heraklit (* um 520 v. Chr.; † um 460 v. Chr.). Genauer heißt es bei ihm: „Alles ist in Bewegung und nichts bleibt stehen.“ Er meint damit, dass sich alle Vorgänge in einem fließenden, ständigen Prozess des Werdens und Wandelns befinden und dass die einzige Konstante im Universum die Veränderung ist.

Der Unternehmer und Wirtschaftsprofessor Hermann Simon hat diesen Gedanken Heraklits einmal ins Gegenteil verkehrt, indem er sagte: Früher hieß es „pantha rei – alles fließt“. Heute heißt es „alles erstarrt“. Er hat dies wohl auf die Gesellschaft, die Politik und die Wirtschaft bezogen und dabei Reformstaus, Erstarrungstendenzen und Dynamikbremsen im Blick. Ob er damit auch die Kirche gemeint hat, weiß ich nicht.

Auf die Zähflüssigkeit in unserer Gesellschaft hat schon vor einigen Jahren der ehemalige und mittlerweile verstorbene Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, in seinem Buch „Worauf warten wir“? hingewiesen. Er spricht von Deutschland als einem „großen Wartesaal“, der mit „Warntafeln und Verbotsschildern“, „auswuchernder Bürokratie“ und „grassierender Regelungswut“ ausgestattet ist.

Deutschland, ein „großer Schlafladen“, ein „stehendes Gewässer“!? Ein Münchner Arzt spricht aktuell auf FOCUS online (am 18.12.2024) von einer gesellschaftlichen „Ausruh-Mentalität“. Passend dazu ein kurzer Baustellenwitz: Ein Baustellenarbeiter fragt den LKW-Fahrer, ob er beim Abladen helfen könnte. Dieser antwortet: „Ich bin Chauffeur und kein Schaffeur.“

In der konkreten Arbeit sehe ich Stillstandstendenzen immer wieder bestätigt. Denn häufig geht es darum, ganz viel Bürokratie zu verwalten, Qualität zu zertifizieren, Indikatoren aufzustellen, ISO-Normen einzuhalten, Daten zu schützen, weitergeleitete E-Mails weiterzuleiten, Arbeitsgesundheit sicherzustellen, Prozesse zu initiieren, Projekte zu managen, Strategien zu entwickeln, Netzwerke zu vernetzen, Transformation zu begleiten, Evaluationen zu evaluieren, sich gegenseitig zu coachen, sich supervisieren zu lassen, Multiplikator von etwas zu sein, Sitzungen abzusitzen, Programme zu übernehmen, Haltung zu zeigen …

Man muss sich schon fragen, ob die oben beschriebene Realität nicht den eigentlichen Auftrag stranguliert, der schlicht und einfach heißt: Auf Basis des christlichen Menschenbildes Erwachsenenbildungsveranstaltungen durchführen und damit, wie in den Zielen und Grundsätzen der Erwachsenenbildung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart formuliert, einen Dienst leisten, dass Menschen verschiedenen Glaubens, Alters, Geschlechts oder gesellschaftlicher Gruppierungen“ das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10).

Was mir noch aufgefallen ist: Trotz Digitalisierung wird es immer schwieriger, jemanden zu erreichen, was unsere Einrichtung ja vielleicht auch betrifft. Nichts ploppt im E-Mail-Programm schneller auf als die Abwesenheitsanzeige. Da hilft es dann auch nicht, wenn in der Signatur alle möglichen Kommunikationswege bis hin zu facebook und Instagramm angegeben sind.

Früher wurde gewarnt vor einer ständigen Erreichbarkeit, denn sie würde zum Burnout führen. Heute muss man die Nichtverfügbarkeit anprangern, denn sie führt in die Flaute, in der die Segel schlaff hängen, das Wasser glatt ist und sich kein Lüftchen regt.

In den Mittelpunkt unseres Halbjahresprogramms haben wir dieses Mal das dynamische Element Wasser gestellt. Explizit kommt es vor bei Veranstaltungen und Unternehmungen wie der Besichtigung des Wasserwerkes Bad Mergentheim, der Entdeckung des Wassers in biblischen Texten, einer Wanderung im Rötelbachtal sowie einer Kulturexkursion an die Saale. Auch die Leseseiten in diesem Programmheft beschäftigen sich mit dem Wasser. Dazu quillt implizit Wasser dort, wo Themen, Inhalte und Angebote etwas zum Fließen bringen.

Abschießend möchte ich noch darauf hinweisen, dass es bei der Keb Dekanat Mergentheim zum Sommer eine personelle Veränderung geben wird. Meine Tätigkeit als Leiter endet mit diesem Programm, da meine Teilfreistellung vom Schuldienst auf Sommer 2025 befristet ist und ich somit wieder ganz an die Schule zurückkehren werde.

Ich bedanke mich bei allen Menschen guten Willens, denen ich in den vergangenen achteinhalb Jahren begegnet bin, die mit uns zusammengearbeitet, uns unterstützt und etwas auf die Beine gestellt haben sowie natürlich bei allen, die unsere Angebote und Veranstaltungen dynamisch interessiert wahrgenommen haben und hoffentlich weiterhin besuchen.

Andreas Steffel
Leiter Keb Dekanat Mergentheim e.V.

Programm Februar – Juli 2025

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