So bezeichnet Georg Magirius das Kirchlein von Breitenbach am Nibelungensteig im Odenwald. Es ist ein Ort, der im wahrsten Sinne des Wortes den Bach runterging. Vor 200 Jahren war dort noch ein Bauerndorf mit 120 Einwohnern.Doch Missernten, Kinderlosigkeit, Armut und Krankheiten setzten dem Dorf so zu, dass die Bauern ihre Höfe und Felder, nicht aber die Kirche, an das Amorbacher Fürstenhaus zu Leiningen verkauften. Die Höfe wurden abgerissen, Äcker wie Wiesen aufgeforstet und letztendlich ging der Ort auch politisch unter. Ein Hoffnungszeichen blieb: Das Kirchlein „St. Wendelin und St. Nikolaus“. Zwar war auch dieses im Laufe der Zeit dem Verfall ausgesetzt, vor allem wegen des Schimmels, der in sie einzog.
Doch Dank eines Förderkreises steht dieses von außen einfach wirkende Kleinod heute wieder ansehnlich dar und der sehr reichhaltig ausgestattete Chorraum erstrahlt in neuem Glanz. Und auch das Wasser des Breitenbachs fließt wie eh und je das Tal herunter und an der Kirche vorbei.
Dieses „Hoffnungszeichen im Nichts“ ist nur einer von 24 Orten des mainfränkischen Gebietes, welche der Theologe und Schriftsteller Georg Magirius für sein neues Buch „Stilles Franken“ aufgesucht und erkundet hat. Er nennt sie Adventsorte, weil sie die Vorfreude wecken und die Weihnachtserwartung wachsen lassen.
Dazu gehören beispielsweise Kirchen wie das Kloster Schönau im Saaletal und Schlösser wie das im Park Schönbuch bei Aschaffenburg.
Der fränkische Advent zeigt sich ebenso aber auch auf urigen Waldpfaden wie auf dem Weg von Laudenbach am Main nach Brunnthal, zwischen endlos wirkenden Rebenreihen wie am Fuße des Schwanbergs, an still verträumten Winterweihern wie am Kaltenhofer Teich über dem Ort Mainberg, in Lebküchnereien ohne Onlineshop wie im Cafe Kehl in Dettelbach, in Seitentälern mit Schafen wie im Werntal und seinen Streuobstwiesen, auf vernebelten Burgruinen wie der Homburg, der größten Burgruine Bayerns, sowie in stillen Weindörfern, wie in Neuses am Berg.
Der Anbruch neuen Lebens lässt sich auch finden in Marienkapellen wie in der zum Dank für glückliche Kriegsheimkehr erbaute Reichenbucher Kapelle bei Gemünden, an Grotten wie an den insgesamt 7 zu Ehren Mariens auf dem Grottenweg im Hochspessart, in Dorfgasthäusern wie in Denk’s Berg-Cafe in Heigenbrücken oder in verwinkelten Fachwerkstädten wie in Miltenberg oder Marktbreit.
Georg Magirius nähert sich in seinem Buch den Adventsorten mit stimmungsvollen Fotos und unterhaltsamen Texten an. So manch besonderer Tipp ist dabei auch enthalten.
Viele dieser Orte sind eher unbekannt und weniger auf den Hochglanzprospekten der Tourismusbranche zu finden. Vielleicht gerade deswegen animieren sie zur eigenen Erkundungslust. Schon nach dem Lesen der ersten Seiten, möchte man alles liegen lassen und glatt aufbrechen.
Und so müsste unserer neuen Rubrik dem Tolle (Nimm) und dem Lege (Lies) eigentlich noch ein Age (Setz dich in Bewegung) hinzugefügt werden.
Übrigens: Der Autor Georg Magirius, kommt im Herbst zu einem Vortrag nach Bad Mergentheim und stellt mainfränkische Orte und Flecken vor, die abseits der großen Straßen liegen und auf ihre eigene Weise reizvoll sind.
Vielleicht hat er dann auch schon das vorgestellte Buch dabei, denn im September soll es im Verlag echter erscheinen.
— Andreas Steffel