Bei der Vorbereitung einer Exkursion ins oberschwäbische Kloster Sießen bin ich auf den aus Bad Mergentheim stammenden Maler Matthäus Zehender (1641 -1697) getroffen. Das Hochaltarbild in der zum Kloster Sießen gehörenden Pfarrkirche St. Markus stammt von ihm. Die weitere Recherche, bei der ich auf von Josef Thiele zusammengestellte Informationen zurückgreifen konnte, ergab, dass er vorrangig im Südwesten Deutschlands und im angrenzenden österreichisch-schweizerischen Gebiet tätig war. Insgesamt schuf er rund 70 teils großformatige Ölgemälde mit religiösen Themen, davon 40 Altarblätter.
In Bad Mergentheim selbst hat er nur wenig Spuren hinterlassen. Das Gemälde des Hauptaltars in der Schlosskirche „Die Salbung von Bethanien“ stammt von ihm, drei kleinformatige Gemälde in der Kapelle St. Martin werden ihm zugeschrieben und das hier abgedruckte Bild, das wohl eher weniger wahrgenommen im Deutschordenmuseum hängt, wurde von ihm gemalt. Es handelt sich wohl um eine Vorarbeit zu einer von fünf Gerichtsszenen, die er für das Alte Rathaus in Bregenz geschaffen hat.
Dargestellt ist das salomonische Urteil aus 1 Kön 3,16-28. Die Geschichte handelt von zwei Dirnen, die vor König Salomo traten. Die eine von ihnen erklärte, sie beide wohnten im gleichen Haus und hätten innerhalb dreier Tage beide einen Sohn geboren. Die andere habe jedoch ihren Sohn im Schlaf erdrückt und dann habe sie heimlich ihr Kind geholt und das tote Kind zu ihr ins Bett gelegt. Die zweite Dirne jedoch behauptete, das lebende Kind sei ihres. Der König befahl, ein Schwert zu holen und erklärte, das Kind solle entzweigeschnitten werden und jede solle eine Hälfte bekommen. Die tatsächliche Mutter des Kindes sagte, Salomo solle es der anderen geben und es nicht töten. Jene dagegen erklärte, es solle weder ihr noch der anderen gehören, sondern zerteilt werden. Daraufhin befahl der König das Kind der Mutter zu geben, die er daran erkannte, dass sie ihr Kind lieber lebend bei einer anderen Frau als tot sehen wollte. Eine sehr weise Entscheidung!
Salomo war ein König, der positiv beurteilt wird. Er übte seine Herrschaft ohne Gewalt aus, sein Reich war klar organisiert, andere Könige schätzten ihn, das Volk war zufrieden und er errichtete den Tempel. Begründet wird die außergewöhnliche Herrschaft mit der alles überragenden Weisheit Salomos, die ihm von Gott geschenkt wurde: Gott erscheint dem Salomo im Traum und fordert ihn auf sich etwas zu wünschen. Salomo wünscht nicht Reichtum, Erfolg, ein langes Leben, sondern ein „hörendes Herz“.
Das erinnert an den auf dem Bad Mergentheimer Philosophenweg zu findenden Spruch von Jimi Hendrix „Wissen spricht, aber Weisheit hört zu.“
Will ich eine weise Entscheidung treffen, einen weisen Rat geben und mich weise verhalten, muss ich zuerst einmal hinhören. Ich brauche wie Salomo ein „hörendes Herz“. Wenn ich gleich spreche und entscheide, überhöre ich wichtige Signale. Ohne „hörendes Herz“ kein salomonisches Urteil!
— Andreas Steffel